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Freitag, März 19, 2010

All hail the king



Die Beatles sind eine Popband. The Killers auch.
Blizzard macht MMORPGs. Sony Online Entertainment auch.
Helge Schneider tritt als Komiker auf. Mario Barth auch.
Und so ist China Tom Miéville Fantasy-Autor. Genau wie Wolfgang Hohlbein.

Ein Buch von Miéville lesen macht keinen Spaß. Mit anderen Büchern kann man sich ruhig mal mit einem Glas Wein und ein paar Käsehäppchen in die Couch kuscheln ... Miévilles Romane kuscheln nicht. Miéville ist der Anti-Tolkien: Wo man bei verschiedenen Teilen von Herr der Ringe gerne mal im Kopf die Einkaufsliste von nächster Woche durchgehen kann, muss man bei Miéville selbst beim aufmerksamen Lesen manche Sätze mehrmals wiederkäuen. Nicht (nur), weil die Satzkonstruktionen absichtlich sperrig gehalten sind und mit Vorliebe von drei passenden Wörtern das ungebräuchlichste gewählt wird, nein, Miéville schreibt einfach unglaublich komprimiert. Wo Tolkien ein (mittlerweile deutlich abgestandener) Jahrgangswein ist, ist Miéville mehrmals destillierter Schnaps. Jedes Wort sitzt genau da, wo es zu sitzen hat, und erfüllt exakt seinen Zweck. Einmal beim Lesen kurz im Geiste abgeschweift und zack, Ohrfeige. Tolkiens Bücher verzeihen Unkonzentriertheit wie ein netter alter Opa, Miévilles Werke sind wie ein gnadenloser, arroganter Schulmeister mit sausender Weidenrute.

Warum also liest man Miéville? Sicher nicht zur Entspannung. Miéville ist ein blitzgescheiter, vielseitig interessierter Autor, der den Leser dies auch durchgehend spüren lässt. Abgesehen von einer schier überbordenden Fantasie sind seine Werke durchzogen von politischen und philosophischen Motiven und daher um ein vielfaches vielschichtiger und interessanter als das Gros der Genre-Konkurrenz. Und Miéville weiß das; er hält seinen Stil und sein Tempo absichtlich anstrengend. Erklärt werden seine fantastischen Ideen und Kreationen maximal einmal, wenn überhaupt, und dann auch nur en passant. Seine Sprache hält er dabei bewusst vom Englisch des Alltags fern, um stets das Gefühl der Anderweltigkeit zu erhalten, wie auch der gute H. P. Lovecraft dies gern getan hat (wenn auch im Gegensatz zu seinem Erben im Geiste Miéville mit teilweise weniger beeindruckendem als vielmehr unabsichtlich komischem Effekt).

Miévilles Werke wollen erobert werden; wo andere Bücher sich dem Leser zuckersüß schmeichelnd zu Füßen liegen und sich quasi von selbst lesen, ist die Lektüre eines Miéville ein Kampf. Aber genau das macht seine Werke so unglaublich attraktiv.

Was ich mir für die Zukunft wünsche? Perdido Street Station als Hörbuch. Har. Har har har.

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